Wie wir zu einem Retriever kamen

Gelegentlich beginnt eine lange Reise damit, dass man seinen Fuß beim ersten Schritt in ein … Fettnäpfchen setzt. Bei mir war es ein großer Fettnapf !

Auf einem Hundeplatz in Ingelheim sah ich im Frühsommer 2006 einen Hund, der mich sofort faszinierte: aufmerksam, ruhig, dunkles, fast rotbraunes Fell und der Chef auf dem Platz. „Was ist denn in diesem Golden Retriever noch drin ?“ fragte ich Phil Robinson, den Leiter der Hundeschule. Ich kannte bis dahin nur schwerfällige, meist weiße Golden Retriever mit üppigem Fell , und ein solcher Hund stand weit unten auf meiner Hundewunschliste. Phil erklärte mir die beiden Linien bei den Golden Retrievern: Show- und Arbeitslinie. Sein Friday, so heißt der Prachtkerl, ist ein solcher Field Trialer. Phil ist Engländer und er hatte ihn aus dem Mutterland der Goldens mitgebracht. Es war Liebe auf den ersten Blick. Einen solchen Hund wollte ich haben. Wieder zu Hause, recherchierte ich von diesem Tag an im Internet. Immer auf der Suche nach einem solchen Hund. Dabei lernte ich auf den Homepages, telefonisch und per mail viele Züchter kennen. Meine ersten konkreten Versuche verliefen nicht positiv. Mir wurde geraten keinen Hund aus einer solchen Linie zu kaufen, weil ich nicht genügend Zeit aufbringen könne (ich bin noch berufstätig) und ich als Ersthundebesitzer vielleicht auch nicht in der Lage sei einen solchen Hund auszubilden. Beim Besuch einer Hundeschule – ich hatte noch keinen Hund – bekam ich den kostenlosen Rat mir keinen Ferrari zu kaufen, wenn ich noch keinen Führerschein hätte. Bei meiner weiteren Suche stieß ich auf die HP von Claudia Borchert. Ich schilderte ihr meine Erfahrungen mit den verschiedenen Züchtern und sie schrieb mir in einer langen mail, wenn ich bereit sei genügend Zeit für einen solchen Hund zu investieren und ihn vor allem retrievergerecht auszubilden, wäre dies auch mit meiner Berufstätigkeit zu vereinbaren und ich solle mir da keine Gedanken machen. Ausbildung meines Retrievers ! Das war doch genau der Grund, warum ich einen solchen Hund haben wollte. Claudia stellte dann einen Kontakt zu Heike Brunner (www.goldenpower.de) her, die mich spontan nach einem ersten Telefonat zu einem Training einlud. Heike wohnt unweit von meinen Eltern und so fuhr ich nach Ingelheim, um an einem Training mit ihren beiden Hunden teilzunehmen. Sandra Ziegler – ich kannte sie bis dahin nicht - hatte sich auch angekündigt. Leider konnte sie an diesem Tag nicht kommen. Was ich an diesem Tag sah, bestärkte mich in meinem Entschluss: Ich will einen Golden Retriever aus einer Field-Trial-Linie. Ich musste meiner Frau versprechen, dass ich mir das Vorhaben noch einmal genau überlegen sollte und wir einigten uns, dass 2006 kein Hund gekauft werden sollte. Ich nutzte die restlichen Monate des Jahres und besuchte den 1. WT im Saarland im Oktober 2006 in der A-Klasse – ohne Hund. Tolle Stimmung, professionelle Hundearbeit, nette Menschen, prima Organisation. Heike wollte am nächsten Tag zum Training bei Freddy Höfling. Sie wollte in einigen Tagen mit ihrem Hund an einer BLP teilnehmen. Keine Ahnung, was das war, aber mitfahren wollte ich gern. Die Art und Weise, wie Freddy das Training leitete, sofort jeden Fehler bei Hund und Mensch sah und konkrete Anweisungen zur Behebung gab, hat mich sofort fasziniert. Genau so wollte ich die Sache angehen. An diesem Tag wurde die Suche nach der Überquerung eines Sees geübt und ich war für das Auslegen der toten Ente zuständig. Ein faszinierender Tag ! Hätte es noch eines Anstoßes für meine Entscheidung bedurft, nach diesem Tag war jeder Zweifel weggewischt. Durch Heikes Hilfe lernte ich Sandra Ziegler kennen. Sandra hat eine sehr erfolgreiche Hündin, die mir bei meinem ersten Besuch in Lauda auch sehr gut gefiel. Luna sollte im Oktober von einem schwedischen Rüden gedeckt werden. Die Abgabe der Welpen sollte dann im Januar 2007 erfolgen. Dann konnte ich ja mein Versprechen halten: 2006 gibt es keinen Hund ! Nach eingehender Befragung von mir und meiner Frau über Vorstellungen und Ziele nach dem Hundekauf wurde ich auf die Warteliste gesetzt. Sehr zuversichtlich war ich nicht bei unserer Rückfahrt. Es gab schon einige Anmeldungen für die Welpen, vor allem von Leuten, die schon einen Retriever führten. Im Oktober 2006 richtete Sandra zusammen mit Petra Beringer als Sonderleiterin das DRC-Finale in Lauda aus. Ich ließ mich sofort als Helfer registrieren. Die besten Hunde bei der Arbeit an 2 Tagen hautnah zu erleben, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Ein wirklich faszinierendes Erlebnis ! Ungeduldig verbrachte ich die weiteren Wochen mit der Lektüre von Norma Zvolskys Buch „Retrievertrainig“, Heinz Gail, Antonisse. 

Bei einer weiteren Veranstaltung in Lauda, Luna war mittlerweile erfolgreich gedeckt, „erlöste“ mich Sandra mit der Mitteilung, dass ich einen Hund aus ihrer Zucht bekäme. Der errechnete Termin für die Geburt war die 2. Novemberwoche. Am 11.11. kamen dann neun Fastnachter mit roten Nasen auf die Welt: 6 Rüden und 3 Hündinnen. Es war damit klar, meinem Wunsch nach einer Hündin konnte nicht entsprochen werden. Sie waren schon vorher vergeben. Ab der 4. Woche besuchte ich die Welpen jede Woche und konnte ihre Entwicklung beobachten. Sehr schnell hatte ich „meinen“ Hund ausgemacht und er hatte mich ausgesucht, wie ich dachte. Sobald ich mich der Wurfkiste näherte, kam er angewackelt und ließ sich ausgiebig streicheln. Ich erfuhr später, dass er dieses Verhalten bei jedem Besucher zeigte. Sandra gab mir auch zu verstehen, dass sie erst nach dem Welpentest am Ende der 8. Woche entscheiden will, wer welchen Hund bekommt. Mit dieser Ungewissheit vergingen die nächsten Wochen. Endlich wurde der Welpentest durchgeführt und Sandra teilte mir mit, dass ich meinen Liebling haben dürfe. Ich war sehr glücklich über diese Entscheidung, denn in den vergangenen 4 Wochen hatte ich mich so auf diesen kleinen Kerl konzentriert, dass es mir sehr schwer gefallen wäre mich auf einen anderen Hund einzulassen.

Nach einem Weihnachten/Neujahrsurlaub in der Schweiz – mittlerweile hatte ich das Zvolsky-Buch zum 3.Male gelesen – konnte ich Athos endlich mit nach Hause nehmen. Die Fahrt verlief problemlos – meine Frau fuhr und ich hatte das kleine Fellbündel auf einer Decke auf meinen Knien – erreichten wir spät am Abend unser Zuhause. Vorsorglich (?) hatte ich im Garten einen Weidezaum aufgebaut, damit der Neuankömmling nicht weglaufen konnte. Im dunklen Garten verhedderte er sich in den Maschen und in seiner Angst drehte und wendete er sich. Schließlich lag er wie ein Rollbraten geschnürt auf dem Rücken. Meine Frau reagierte panisch auf seine Lage und ich bat sie eine Schere im Haus zu holen. Ich beruhigte Athos und er blieb ganz entspannt liegen. Im Licht einer Taschenlampe befreite ich ihn aus seiner misslichen Lage und trug ihn ins Haus. Kein Anzeichen von Aufregung ! Er untersuchte die Räumlichkeiten und machte auch gleich mit der Hauskatze Bekanntschaft. Wir spielten einige Minuten und ich brachte ihn vor die Tür, wo er sich sofort löste. Zurück im Haus interessierte er sich für eine einzelne Wollsocke. Im Spiel warf ich die Socke einen Meter von mir weg. Ohne zu zögern holte er die Socke und gab sie in meine Hand ab ! Athos erster Apport ! Ich war begeistert und wollte das meiner Frau zeigen. Spielen, wegwerfen, apportieren. Ich brachte ihn in seinen Kennel, den er müde, wie er war, sofort annahm und legte mich auf eine Matratze daneben. Am 5 Uhr morgens war unsere erste gemeinsame Nacht beendet. Athos war jetzt Teil unserer Familie. Es sollten noch viele schöne Tage folgen.